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Ein Artikel aus
OÖ. Heimatblätter
2013 Heft 3/4

Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um
einen Auszug aus der im Jahre 2012 von Wolfgang Sachsenhofer an der
Katholisch-Theologischen Privat-Universität eingereichten
Diplomarbeit in Kunstwissenschaft.



Anmerkung:
(38) Vgl. Kastner, Otfried, Die Krippe, Linz 1964, 76.

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Die Linzer Domkrippe von Sebastian Osterrieder und
die Tradition der Weihnachtskrippe in Oberösterreich

Autor: Wolfgang Sachsenhofer


Die Domkrippe in der oberösterreichischen Krippentradition


Zum Abschluss bleibt noch die Frage zu stellen, ob und inwieweit die Osterrieder-Krippe in der oberösterreichischen Krippentradition steht und ob sie zu einer Erneuerung der Krippenkunst in unserem Land geführt hat. Denn als ein solcher „Erneuerer“ wurde Osterrieder ja immer wieder bezeichnet. Wenn aber von „Krippentradition“ in Oberösterreich gesprochen wird – von welcher ist eigentlich die Rede?
Spricht man von künstlerischer Qualität, so gibt es in Oberösterreich eine lange Tradition bedeutender Krippenwerke (die von Balthasar Scherndl gerne als „Kunstkrippen“ bezeichnet wurden). Unter Einschluss der spätgotischen Vorläufer (etwa die Predella im Pacher-Altar von St. Wolfgang oder der Flügelaltar von Kefermarkt mit seinen Weihnachtsdarstellungen) beginnt diese schon am Ende des 15. Jahrhunderts, setzt sich ab dem 17. Jahrhundert mit den barocken Werken der Schwanthaler (Gmunden, Ried, Altmünster) fort, und führt zu einem weiteren Höhepunkt mit Zürn (Grünau) und Rittinger (Garsten), aber auch mit Stammel. Das „Krippenverbot“ Kaiser Josefs II. bedeutete zweifellos auch für die Qualität der Kirchenkrippen im 19. Jahrhundert eine Zäsur, wenngleich das Urteil Kastners, es handle sich bei den Werken dieser Epoche zumeist um „völlig kunstlose“ Exemplare, aus heutiger Sicht doch überzogen erscheint. (38)
Mit Osterrieder war jedoch die Zeit dieser „billigen“ Krippen vorbei. Man kann deshalb sein Linzer Werk mit Fug und Recht in die Tradition jener künstlerisch bedeutsamen Krippenwerke einreihen, die in Oberösterreich in den letzten fünf Jahrhunderten entstanden sind. Die stilistische Entwicklung der Krippenkunst in unserem Land hat Osterrieder mit seiner Domkrippe jedoch nicht mehr beeinflusst – diese stellt vielmehr einen spektakulären Schlusspunkt der orientalistischen Krippe dar.

Wenn man im Krippenschaffen Oberösterreichs von Traditionen spricht, so meint man jedoch in erster Linie jene der Volkskunstkrippe. Diese ist jedoch stets eine Mischung aus biblischen Begebenheiten (von der Verkündigung an Maria bis zur Hochzeit zu Kana) und zeitgenössischen bzw. lokalen Szenen und Figuren; ein Kunstwerk, welches nie wirklich „fertig“ wird, weil von Generation zu Generation immer wieder daran gearbeitet wird. Sie wurde auch nicht von professionellen Künstlern geschaffen, sondern von begabten und geschickten Laien, die oft gar keine einschlägige Ausbildung besaßen. Diese (im Salzkammergut „Schnegerer“ genannt), waren im Forst, im Salzbergbau oder in der Saline beschäftigt und haben ihre Werke in ihrer Freizeit geschaffen. Nachdem beinahe jede Generation bemüht war, ihre Hauskrippe mit immer neuen Figuren zu ergänzen, sind manche Krippenwerke im Laufe der Zeit auf bis zu 700 Figuren und Einzelteile angewachsen. In solchen Krippen wurde nicht nur das Wunder der Heiligen Nacht geschildert, sondern auch das tägliche Leben im Salzkammergut mit einbezogen.
Man findet zahlreiche Vertreter der verschiedenen heimischen Berufe bei der Arbeit: Bauern, Schmiede, Holzfäller, Jäger (und natürlich auch Wilderer!), Wirte und alle anderen in dieser Gegend ansässigen Gewerbetreibenden. Großer Wert wurde auch auf die Landschaftsgestaltung gelegt. Hier wird allerdings nicht das Heilige Land dargestellt, sondern das Alpenland mit seinen typischen Bauformen und mit dem Traunsee und dem Traunstein im Hintergrund. Auch die heimische Tierwelt wird möglichst umfassend in das Geschehen mit einbezogen: Hirsche, Gämsen, Bären, ja sogar der Wolf, der sich anschickt, ein Lamm zu reißen, dürfen nicht fehlen.

Ein Charakteristikum dieser Krippen stellen jene Personen dar, die zum Stall eilen, um dem Jesuskind ihre Geschenke zu bringen. Sie sind nicht auf die Hirten beschränkt. In der typischen Volkskunstkrippe eilen alle Berufsgruppen mit ihren Gaben zum künftigen Erlöser der Welt. Viele dieser Figuren haben einen besonderen Namen, der sich wiederum
oft von alten Volksliedern ableitet. Auch das lokale Brauchtum kommt nicht zu kurz: in einigen Salzkammergutkrippen wird sogar der Glöcklerlauf geschildert!
In Sebastian Osterrieders Werk wird hingegen ausschließlich das biblische Geschehen dargestellt – und das in einer Szenerie, wie sie in Palästina um 1900 vorherrschte und wie sie auch (davon war man damals überzeugt) zu Jesu Geburt ausgesehen hatte. Lokale Anspielungen waren unerwünscht. Balthasar Scherndl brachte es auf den Punkt, wenn er schrieb, dass „Rauchfangkehrer und Fleischhauer“ in seiner Domkrippe nichts zu suchen hätten.

Inwiefern steht nun die Linzer Domkrippe in der oberösterreichischen Krippentradition? Mit der Tradition der Volkskunstkrippe hat Osterrieders Werk sicher nichts zu tun. Es gehört
aber zweifellos zu jenen Glanzlichtern der Krippenkunst, mit denen Oberösterreich aufwarten kann. Die vorliegenden Zeilen mögen einen kleinen Teil dazu beitragen, diesem Hauptwerk des Münchner Meisters gerade im heurigen Jubiläumsjahr den ihm gebührenden Rang zu sichern.

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Vorbemerkung

Lage und Ausmaße
Architektonische und landschaftliche Gestaltung

Das Figurenprogramm der Domkrippe
Die Weihnachtskonfiguration
Die Dreikönigs-Konfiguration
Der Engelschor
Sebastian Osterrieder – Leben und Werk
Auftragsgenese und Entstehungsgeschichte der Domkrippe
Die Domkrippe in der oberösterreichischen Krippentradition



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